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Ein Podiumsgespräch gab Einsicht in die Notwendigkeit einer Notschlafstelle in der Stadt

Urs Amacher, Oltner Tagblatt, 31.01.2020

Der Verein Schlafguet aus Olten geht der Problematik rund um die Schaffung einer Notschlafstelle auf den Grund.

Der Verein Schlafguet setzt sich aktiv für eine Notschlafstelle in Olten ein. Im Kanton Solothurn besteht keine niederschwellige Übernachtungsmöglichkeit für Obdachlose. Um erhärtete Aussagen über das Thema machen zu können, liess Schlafguet durch die Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten eine Studie erarbeiten. Am Donnerstag wurden die Resultate im Rahmen einer Informationsveranstaltung vorgestellt.

Nils Löffel (Moderation), Esther Altermatt, Co-Geschäftsleiterin Suchthilfe Ost, Olten, Kurt Adler, Präsident des Vereins Notschlafstelle Baden und Marion Rauber, Sozialdirektorin der Stadt Olten (von links).
© Urs Amacher

Erst sollte festgehalten werden, welche Institutionen bereits bestehen. Beim zweiten Schritt, der Abklärung des Bedürfnisses nach einer Notunterkunft, stiess die Studie auf ein Paradox. Personen, die auf eine Notschlafstelle angewiesen wären, sind oft durch die Maschen des sozialen Netzes gefallen und haben keine feste Adresse. Dadurch können sie für eine Befragung gar nicht erreicht werden.

Bedürfnis in der Realität vorhanden

Hingegen ist in der Realität ein Bedarf klar vorhanden. Dies zeigte sich im Podiumsgespräch und in den Wortmeldungen aus dem Plenum. Schlafguet hatte drei Personen, die in der alltäglichen Praxis mit Armutsbetroffenen zu tun haben, eingeladen. An der Diskussionsrunde nahmen teil: Esther Altermatt, Kurt Adler und Marion Rauber. Die Gesprächsleitung besorgte Nils Löffel.

Marion Rauber hielt fest, dass kurzfristig Wohnungen und Tageszimmer verfügbar sind. Allerdings müssen sich die Sozialdienste an gewisse Vorgaben halten und sind auch nicht rund um die Uhr erreichbar. Man habe auch zur Kenntnis zu nehmen, dass es randständige Personen gibt, die sich der «Bürokratie» eines Sozialdienstes verweigern. Esther Altermatt wusste, dass Personen mit Suchtproblemen oft eine zweite, psychiatrische Diagnose haben. In der Regel ist die Obdachlosigkeit das Resultat von Verlusten, dem des Arbeitsplatzes, der Familie, der Wohnung. Eine Notschlafstelle könne Ort sein, diesen Trend umzukehren. Hier hakte Kurt Adler ein. Dass die Obdachlosen eine Postadresse hätten, sei wichtig; erst dadurch seien sie wieder erreichbar für Sozialdienste und Behörden.

Adler berichtete von den Erfahrungen in der Stadt Baden. Am 1. September 2019 eröffnete der Verein Notschlafstelle in der Altstadt eine Unterkunft für Obdachlose. Vom ersten Tag an wurde sie in Anspruch genommen. Von anfänglich 110 Übernachtungen im Monat kratzt man bereits die Grenze von 200 Übernachtungen pro Monat. Die Gäste sind Armutsbetroffene, Opfer von häuslicher Gewalt. Auch für Drogenkranke, die nach einem Entzug aus der Klinik entlassen werden, ist die Notschlafstelle die erste Station zurück in den Alltag. Adler zitierte auch Regula Dell’Anna, die Sozialdirektorin der Stadt Baden: «Es ist ein Segen, was die Notschlafstelle aufgebaut hat». Ein weiteres Vorurteil konnte Adler ausräumen: Zwar seien anfänglich Vorbehalte aus der Nachbarschaft angebracht worden. Dank der guten Führung des Hauses sei es aber inzwischen sehr gut akzeptiert, die Notschlafstelle erhalte von den Nachbarn einiges an Kleider- und Geldspenden. Auch Befürchtungen, sie entwickle sich zu einem Hot Spot, einem Magnet für Problemfälle und Drogenhändler habe sich nicht bewahrheitet. Ein Glücksfall für Adler, dass mit dem Sozialwerk Hope eine Institution in der Nähe bestehe, welche ergänzend zur Notunterkunft Essen und Tagesstrukturen anbiete.

Immer wieder Kundschaft aus dem Kanton Solothurn

Zwei Voten aus dem Publikum seien noch erwähnt. Eine Mitarbeiterin der Notschlafstelle Biel berichtete, das diese immer wieder Obdachlose aus dem Kanton Solothurn beherberge. Das zeige das Bedürfnis nach einer Solothurner Lösung. Eine weitere Stimme aus dem Plenum appellierte an die Menschlichkeit. Nur schon eine Notunterkunft könne Armutsbetroffenen ein Minimum an Würde zurückgeben.

https://www.oltnertagblatt.ch/solothurn/olten/ein-podiumsgespaech-gab-einsicht-in-die-notwendigkeit-einer-notschlafstelle-in-der-stadt-136310259