Cécile Send, Junge SP Region Olten, Kolumne Neue Oltner Zeitung – 07.10.2022
Olten, oh Olten, du inklusive Stadt, für Jung und Alt, für Kultur- und Sportinteressierte, für Kaffee-, Bar- und Kinoliebhaber*innen… Halt! War da nicht etwas mit einer Notschlafstelle? Ein Verein, der dafür endlich ein geeignetes Wohngebäude im Schöngrundquartier gefunden hat? Störten sich dabei nicht Oltner*innen an diesem Projekt? Wie war das mit inklusiv?
Obdachlosigkeit mündet in einer Vielzahl von Gründen, sei dies strukturell- oder systembedingt oder auch aus individueller Entscheidung. Der Prozess bis zur Obdachlosigkeit kann einer Abwärtsspirale gleichgesetzt werden: Oft lebt die betroffene Person in Armut. Die Situation spitzt sich mangels Unterstützung, wegen psychischen Problemen oder Sucht zu und führt schlimmstenfalls zur Kündigung der Wohnung. Dabei ist es wichtig, dass man solche Situationen nicht als ein individuelles Versagen hinstellt, sondern hinterfragt, wie eine solche Person durch das soziale Netz hindurchfallen konnte bzw. wie die Stadt sie nicht rechtzeitig auffangen konnte. Mit einer Überbrückungshilfe, mag sie auch nur über Nacht angeboten werden, erlangt eine obdachlose Person ein gewisses menschenwürdiges Dasein zurück, kann ihre Gedanken ordnen und muss sich in der Nacht auf der Strasse nicht mehr fürchten.
Eine Notschlafstelle nimmt also eine grundrechtliche Aufgabe wahr, indem sie hilfsbedürftigen Menschen ein Dach über dem Kopf bietet. Diese fundamentale und respektable Aufgabe über die eigenen Partikularinteressen, seinem Wohlergehen, zu stellen, schiebt vulnerable Personen noch weiter an den Rand der Gesellschaft. Angst und Skepsis können nur überwunden werden, wenn man die Sache auch aktiv und konkret in die Hand nimmt. Mit einer guten und sorgfältigen Planung steht einer Notschlafstelle in Olten nichts entgegen. Und dass der Verein «Notschlafstelle» dies erfüllen kann, zweifle ich in keinster Weise an.
Link zum Originalbeitrag: https://www.noz.ch/olten-niederamt/detail/article/oh-olten-00217780/